Modewahn

Strubbelköpfe, Igelbürsten,
Haare aufgedreht zu Würsten,
so sitzen Schüler in der Klasse,
wie eine fremde Menschenrasse.

Oft bunte Haare oder Glatzen.
Manch einer könnt’ vor Lachen platzen,
wenn man die Mode recht besieht,
die immer weitre Kreise zieht.

Bei Jungen lassen Skaterhosen
oft ganze Mädchenhorden tosen.
Wenn dann der Schlitz hängt unterm Knie,
tönt’s in Ekstase: „Cool wie nie!“

Die Mädchenmode ist mehr streng,
weil die Klamotten furchtbar eng.
Man zwängt den Hintern, das muss sein –
egal wie dick – in Leggins rein.

Dazu ein Top, das viel zu kurz.
Die Proportionen sind da schnurz.
Wenn die sich hinsetzt, ächzt der Stuhl.
Hauptsache nur, das Girl wirkt „cool“.

Beim Piercing zeigt die Jugend dann,
wohin man Drähte hängen kann.
Ein Nasenring den Rüssel ziert,
als Popelbremse gleich fungiert.

In Ohren sitzt viel Stacheldraht,
der in den Lippen auch parat.
Es pochen Mädchen oder Junge
mit Eisenkugeln in der Zunge.

Auch Tätowierungen sind geil
auf manchem edlen Körperteil.
Die Mädchen tragen frisch und frei
ein eingebranntes Arschgeweih.

Damit man dies betrachten kann,
zieht man besondre Jeans jetzt an.
Bei tief Geschnitt’nen ist das Schlimme:
Man sieht den Hintern mit der Kimme.

Das Allerschärfste ist dann noch,
zieht sie den Spitzentanga hoch.
Der ragt – bei Dickfigur ein Graus! –
bei tiefen Jeans weit oben raus.

Mit Schönheit hat das nichts zu tun,
doch man lässt nicht die Jugend ruh’n.
Die Wirtschaft fördert mit Elan
das In-Sein und den Modewahn.

Modemacher, Musicgruppen
spiel’n mit der Jugend wie mit Puppen.
Das Einzige, was für die zählt,
ist unsrer Jugendlichen Geld.

aus: Schmunzelattacken (Manfred Gerike)
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