Der Schnarcher

Seit kurzer Zeit an jedem Morgen
hat Onkel Karl sehr große Sorgen.
Seine Frau klagt’ laut ihr Leid:
„Ich schlaf nicht seit ‘ner Ewigkeit!

Du schnarchst ganz doll die ganze Nacht.
Ich hab kein Auge zugemacht.
Nicht leises Schnorcheln, nein, ganz laut!
Ich hatte oft ‘ne Gänsehaut.

Ich hörte es – ganz ohne Flax –
trotz Doppelladung Oropax.
Den Mund weit offen, Kopf ganz rot.
Ich hab gedacht, du schnarchst dich tot.“

Onkel Karl sah gleich sogar
sein Eheleben in Gefahr,
denn seine Frau droht – das ist schlimmer:
„Du Schnarcher musst ins Gästezimmer!

Da kannst du schnarchen, bis du platzt,
solang‘ mein‘ Nachtruh‘ nicht verpatzt.“
Und Onkel Karl, der ging sodann
zum Doktor und der half dem Mann.

Mit Nasenklammer, Schnarcherspange
schlief der Karl ganz fest und lange.
Es kam kein Tritt, kein Rippenstoß.
Doch seine Frau, die stöhnte bloß.

Sie sprach – kaputt und müd‘ wie immer:
„Ich glaube, Karl, jetzt ist’s noch schlimmer.
Dein Schnarchen begann stets um zwei.
Da wacht‘ ich auf. – Doch einerlei:

Trotzdem du schliefst die ganze Nacht,
bin ich um zwei Uhr aufgewacht.
Ich wälzt‘ mich unruhig hin und her.
Das Einschlafen ging gar nicht mehr.

Obwohl du schliefst ganz ruhig und rein,
war diese Nacht für mich ‘ne Pein.
Die ganze Nacht hat’s mich gequält.
Mir hat dein Schnarchen so gefehlt.“

aus: Gedichte, die das Leben schrieb (Manfred Gerike)

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