Die Zimmerpflanze

War einst ein wack’rer Ehemann,
der schwer enttäuscht zur Kenntnis nahm,
dass seine Frau – zu seinem Leid –
nur selten hat für ihn noch Zeit.

Sie kocht und putzt, wischt Staub und saugt,
bis sie vollkommen ausgelaugt.
Dann widmet sie sich – und zwar rege –
noch lange Zeit der Blumenpflege.

Will einen Kuss er, sagt sie stur:
„Du denkst ja an das
Eine nur!“
Verzweifelt überlegt der Mann,
wie er
den Zustand ändern kann.

Er lechzte nur nach einem Kuss,
kam listig lächelnd zu dem Schluss:
„Vielleicht beachtet sie mich mehr,
wenn ich ’ne Zimmerpflanze wär’.“

Mit Pappkarton als Blumentopf,
die Badekapp’ als lila Schopf,
so hockt er sich mit frohem Sinn
des Abends auf den Teppich hin.

Es war ein malerisches Bild,
denn in der Hand hielt er ein Schild:
Ich bin ein Riesenveilchen, Schatz,
brauch Wasser nicht, doch einen Schmatz.“

Den Mund gespitzt, die Augen zu,
so wartet er in aller Ruh,
ob seine List erfolgreich ist
und seine Frau ihn nicht vergisst.

Doch während er da selig sitzt,
ihr Auge triumphierend blitzt.
Statt Kuss kriegt er, und wird gleich blasser,
die ganze Kanne Blumenwasser.

Dein Würzelchen“, bricht’s aus ihr raus
„sah letzte Zeit recht mickrig aus.
Das tat mir leid, mein lieber Hein,
drum tat ich sehr viel Dünger rein!“

aus: Mit einem Augenzwinkern (Manfred Gerike)

Buch bestellen